"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Wolltet ihr schon immer mal wissen, wie das Leben in einer Ordensgemeinschaft aussieht? Dann seid ihr auf unserer Blogseite genau richtig. Hier erzählen unsere Novizinnen, Sr. Jona Marie und Sr. Magdalena, aus ihrem Alltag. Viel Freude beim Lesen unserer Alltagsgeschichten!
Vor Kurzem habe ich die Bildergalerie meines Handys durchgescrollt. Dabei ist mir das nebenstehende Bild aufgefallen. Jemand hat es letztes Jahr beim Wort-Gottesdienst am Aschermittwoch aufgenommen. Damals durfte ich das erste Mal jemandem ein Aschenkreuz auf die Stirn zeichnen und die Worte zusprechen:"Kehr um und glaube an das Evangelium!" Wenn ich jetzt daran denke, bekomme ich immer noch Gänsehaut.
Für mich ist es ermutigend, diese Worte am Beginn der Fastenzeit zu hören. Ist diese Zeit doch eine Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Und was könnte wesentlicher sein, als sich jeden Tag neu auf den Weg zu machen, um die Liebe zu leben und so Gottes Botschaft in die Welt zu bringen?! Ganz besonders in diesen herausfordernden Zeiten, die geprägt sind von Verlusterfahrung, Angst und Unsicherheit.
Für mich sind gerade jetzt die Worte „Kehr um und glaube an das Evangelium“ wie die Worte eines Freundes, der mir sagt: Hab Mut, vertraue deinem inneren Kompass und folge ihm auf dem Weg zur Liebe. Dieser Kompass ist für mich der Geist Gottes, der in allem wirkt und mich sicher führen wird. Das heißt nicht, dass es immer leicht sein wird, IHM zu folgen; führt er mich doch an so manches Hindernis, an so manche unangenehme Wahrheit heran, die gesehen werden will, ehe ich einen neuen Weg einschlagen kann.
Für mich ist das Anerkennen des Lebens, wie es ist, eine Art und Weise der Umkehr - und somit Hinkehr dazu, die Liebe zu leben. Ich kann sagen, dass mir das oft nicht leicht fällt. Und doch vertraue ich immer wieder dem Geist Gottes, denn er hat mich bisher - so schmerzhaft es manchmal auch war - immer zum Leben und zur Liebe navigiert. In diesem Sinne: Nur Mut! "Kehr um und glaube an das Evangelium!"
16. Februar 2021 Sr. Magdalena
„Wie bitte? Ich bin doch kein Esel!“ Vielleicht hat sich das die eine oder andere beim Lesen der Überschrift gedacht. Esel haben keinen besonders guten Ruf. Die meisten Menschen assoziieren mit ihnen Dummheit und Faulheit. Doch damit liegen sie völlig falsch. Der Esel ist tatsächlich ein besonders kluges Tier. Wegen seiner Furchtlosigkeit und seinem Gespür für Gefahren wird er sogar eingesetzt um Schafherden vor Wildtieren zu beschützen.
Warum ich euch von Eseln erzähle? Letzte Woche hatte ich online Noviziatsschulung. Pater Hollweck von den Jesuiten arbeitete mit uns zu dem Thema „Unterscheiden und Entscheiden“. Er erzählte uns auch die Geschichte von Bileam und seiner Eselin aus dem Alten Testament (Num 22,21-35). Bileam, ein Seher, reitet mit seiner Eselin einen Weg entlang als sich ihm plötzlich der Engel des Herrn mit gezücktem Schwert in den Weg stellt. Bileam hat nämlich gerade etwas vor, was Gott ganz und gar nicht gefällt. Seine Eselin sieht den Engel und weicht ihm aus. Bileam aber sieht gar nichts und wird zornig über das Verhalten seiner Eselin.
Die Eselin in dieser Geschichte kann man auch deuten als unsere inneren Regungen. Damit meint die ignatianische Spiritualität unsere Gefühle, Stimmungen und Körperempfindungen. Sie verraten viel über uns und eignen sich gut als Navigationshilfe. Wer ständig nur mit seinem Kopf unterwegs ist, läuft irgendwann gegen die Wand. Gerade in Entscheidungsprozessen ist es wichtig auf unser Inneres zu hören. Was will mir der Esel in mir sagen? Welche Gefühle nehme ich wahr? Wie fühlt sich mein Körper an? Spürt öfters mal in euch hinein und vertraut eurem inneren Esel!
2. Februar 2021 Sr. Jona Marie
Lange habe ich keinen neuen Blogbeitrag mehr geschrieben. Während der vergangenen Monate ist viel passiert. Zuerst einmal waren da die Vorbereitungen auf meine Einkleidung und auf den Umzug in den Noviziatskonvent. Am 5. Dezember 2020 wurde ich dann ins Noviziat aufgenommen und erhielt den Namen Sr. Jona Marie. Einen kleinen Bericht dazu findet ihr unter Aktuelles. Kurz darauf bin ich nach Nürnberg in unseren kleinen Ausbildungskonvent umgezogen. Kaum hatte ich mich etwas eingelebt, wurde ich persönlich sehr stark gefordert, weil der Corona-Virus nun auch in meiner Familie zugeschlagen hat. Eine schwere Zeit für mich, die immer noch nicht überstanden ist.
Genau an dieser Stelle möchte ich die Frage aus meinem letzten Beitrag wieder aufgreifen: was ist der Unterschied zwischen Ordensleben und Leben außerhalb des Klosters? Sicher gibt es mehr als einen Unterschied. Zumindest ein wichtiges Merkmal von Ordensleben möchte ich euch hier vorstellen, weil es mich selber gerade sehr beschäftigt. Es geht um das Einhalten einer bestimmten Ordnung. Wer nicht im Kloster lebt, hat die Freiheit sein Leben so zu gestalten, wie es persönlichen Vorlieben und Launen entspricht. Bei uns Ordensschwestern läuft das anders. Wir richten unser Leben nach den Konstitutionen aus. Diese legen fest, wie wir unser Leben gestalten sollen.
Ich möchte das am Beispiel meines Noviziatsalltags verdeutlichen. Jeder Tag hat eine feste Struktur. Mein Tagesablauf folgt einem vorgeschriebenen Plan, in dem es z.B. eine Zeit gibt, in der ich mich der Schriftmeditation widme und einen Tagesrückblick halte. Nun kann es vorkommen, dass ich müde bin oder abgelenkt und nicht wirklich Lust habe das zu machen, was mein Plan mir vorschreibt. Genau dann ist es wichtig, dem nicht nachzugeben. Hier greift die alte Mönchsweisheit: Halte die Ordnung und die Ordnung hält dich. Wer seinem Leben Regeln und Struktur gibt, wird früher oder später die Erfahrung machen: ich werde getragen! Genau dann, wenn mein Leben aus den Fugen gerät, ist die klösterliche Ordnung etwas, was mein Lebensschiff vor dem Kentern bewahrt. Wenn mich meine Sorgen aus dem Gleichgewicht bringen wollen, dann ist diese Ordnung wie ein Netz, das mir Halt gibt.
Probiert es doch selber mal aus. Reserviert in eurem Tag eine feste Zeit, z.B. für das Gebet oder das Lesen eines Bibeltextes. Macht das über einen längeren Zeitraum und beobachtet, was sich in eurem Leben verändert!
10. Januar 2021 Sr. Jona Marie
Das ist eine Frage, die ich als Postulantin öfters höre. Nun, als erstes ist festzuhalten: kein Tag gleicht dem anderen. Ich versuche mich jetzt mal an einer - sicher unvollständigen - Zusammenstellung. Normalerweise beginnt mein Tag mit der Laudes und der Feier der heiligen Messe in der Kapelle des Mutterhauses. Wenn ich Sakristeidienst habe, stehe ich um 6 Uhr auf, damit ich noch genug Zeit habe, um alles für die Messfeier her zu richten. Bei der Laudes übernehme ich gerne hin und wieder mal die Rolle der Lektorin, d.h. ich singe zusammen mit der Kantorin die Psalmen und trage eine kurze Lesung vor. Nach dem Gottesdienst frühstücke ich gemeinsam mit meinem Konvent. Ich gehöre zum Konvent San Damiano, zu dem drei Schwestern gehören.
Bis zum Mittagsgebet um 11 Uhr 45 ist Arbeitszeit. Die kann ganz unterschiedlich aussehen: wenn ich mit Kochen dran bin, gehört der Vormittag der Vorbereitung des Mittagessens. Oder es fallen verschiedene Hausarbeiten, wie Wäsche waschen oder Zimmer putzen an. Einkaufen gehört auch immer wieder mal zu meinen Aufgaben. Oft sitze ich an meinem PC und erledige verschiedene Schreibarbeiten, wie z.B. die Arbeit an meinem Buchprojekt. Es kann aber auch vorkommen, dass ich Termine wahrnehmen muss und dann den ganzen Vormittag unterwegs bin. Einmal in der Woche arbeite ich in der Internetredaktion des Erzbistums Bamberg mit. Das ist immer sehr abwechslungsreich und ich freue mich auf das Zusammentreffen mit den Kollegen.
Wenn ich nicht außer Haus bin, dann bete ich zusammen mit meinem Konvent um viertel vor Zwölf das Mittagsgebet und anschließend gibt es Mittagessen. Das ist auch immer eine Zeit des Austauschs, denn wir hören uns gegenseitig zu, wie der Tag bisher verlaufen ist. Wenn der Abwasch erledigt ist, gibt es die Möglichkeit zu einer kleinen Mittagspause. Ich gehe dann gerne raus spazieren. Am Nachmittag ist dann wieder Arbeitszeit bis zur Vesper. Dann kümmere ich mich auch mal um unsere Hühner, d.h. füttern, Stall sauber machen oder ein ausgebüxtes Huhn wieder einfangen. Um 18 Uhr beten wir zusammen die Vesper. Am Abend übe ich mich in Meditation oder lese. Hin und wieder schauen wir auch gemeinsam einen Film an.
Nun könnte einer fragen: was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Ordensleben und Leben außerhalb des Klosters? Denn, was ich mache, unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht unbedingt von dem, was viele andere Menschen auch machen. Dieser spannenden Frage möchte ich in meinem nächsten Blogbeitrag nachgehen. Also bleibt dran!
25. Oktober 2020 Postulantin Daniela
Angefangen hat dieser Samstag wie jeder andere Tag. Als der Morgen dämmerte, wurden wir aus unserem Häuschen gelassen. Angelo krähte dann wie jeden Morgen so laut, dass alle Schwestern im Mutterhaus drüben bestimmt aus ihren Betten gefallen sind. Den Vormittag habe ich damit verbracht genüsslich im Erdboden zu scharren und die eine oder andere Leckerei zu finden. Berta war mir dabei dauernd im Weg und hat versucht mir meine Leckerbissen wegzuschnappen. Dieses Huhn ist echt nervig. So weit, so alltäglich. Was dann passierte überstieg meine kühnsten Träume.
Am frühen Nachmittag kam Postulantin Daniela mit einer geheimnisvollen Kiste in unser Gehege. Ich freute mich schon auf eine tolle Überraschung – aber dann wurde ich etwas unsanft gepackt und in die Kiste gesteckt. Das fand ich gar nicht nett. Zu allem Unglück gesellte sich kurze Zeit später Berta zu mir. Schlimmer konnte es jetzt doch gar nicht mehr kommen. Die Kiste wurde hochgehoben und nach kurzer Zeit – ich dachte, ich werde seekrank – in ein Auto verfrachtet. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo diese Fahrt hingehen sollte. Als das Auto am Ziel angekommen war und ich eine kleine Auseinandersetzung mit Berta hinter mir hatte, wurden wir wieder rausgehoben. Seltsame Geräusche drangen an mein Ohr. Glockengeläut, Hundegebell und Pferdegewieher. Wo waren wir bloß gelandet?
Endlich wurde die Kiste geöffnet und ich wurde rausgehoben. Über mir ragten die Türme der Basilika Vierzehnheiligen empor. Und als ich in die Runde blickte traute ich meinen Augen nicht. Der Basilikavorplatz war gefüllt mit etlichen Menschen und vielerlei Tieren. Das war mir schon etwas unheimlich. Riesige Pferde, bellende Hunde, sogar ein kleines Kälbchen gab es und eine Gruppe Alpakas. Wie gut, dass mich Sr. Magdalena fest im Arm hielt. Dann schritt ein seltsam gekleideter Mann, den sie Pater Stanislaus nannten, zum Franziskusbrunnen.
Was er sagte, fand ich echt interessant. Er erzählte vom heiligen Franziskus, der Vorbild für Naturschützer ist und der Gott gelobt hat für ALLE seine Geschöpfe. Durch ihn soll den Menschen ihre Verantwortung und Fürsorge für die Natur ins Bewusstein gerufen werden. Der Mensch ist durch seinen Egoismus und seine Gier nach immer mehr für das Aussterben vieler Arten verantwortlich. Sein Mangel an Rücksicht auf die Schöpfung führt letztlich zur Selbstzerstörung.
Oh je, was bin ich froh, ein Huhn zu sein und kein zerstörerischer Mensch. Als Pater Stanislaus seine Rede beendet hatte kam er direkt auf mich zu und bespritze mich mit Wasser. Wie ich hörte, war das kein normales Wasser, sondern Weihwasser, mit dem ich gesegnet wurde. Da fühlte ich mich richtig stolz so geehrt worden zu sein. Ich, ein Geschöpf Gottes, bin unendlich wertvoll und das sollten alle Menschen heute verstehen. Ich muss sagen, dieser Ausflug hat sich wirklich gelohnt!
03.Oktober 2020 Postulantin Daniela und Huhn Susi
Vor kurzem habe ich eine alte Bekannte auf der Straße wieder getroffen. Wir sind gemeinsam zur Schule gegangen und haben uns dann aus den Augen verloren. Sie ist wie ich auf dem Dorf groß geworden. Dort spielt Glaube in Verbindung mit Tradition eine große Rolle. Die Bekannte hat mir erzählt, dass sie aus der Kirche ausgetreten ist. Nicht, weil ihr der Glaube an Jesus Christus nichts mehr bedeutet, sondern weil sie die verschiedenen Positionen von Kirche nicht mehr mittragen kann.
Ich kann sie verstehen, ist mir doch selbst so manches, was gerade in der katholischen Kirche los ist, unbegreiflich. Sie hat mich gefragt, warum ich mich in einer Kirche, die so oft mehr Wert auf den Erhalt der makellosen Fassade legt als auf die Annahme der Gebrochenheit und das Wachsen in der Liebe, auch noch als Ordensfrau - mit meinem ganzen Leben - engagieren kann.
Meine Antwort fällt ganz schlicht aus: Weil es auf jede und jeden Einzelnen ankommt. Auch wenn ich selbst oft an den Machtstrukturen und dem ganzen drum herum verzweifle, kommt es für mich darauf an, dort wo ich gerade stehe in meiner Leere, meinen Fragen, meinen Zweifeln, das zu leben, was ich vom Evangelium verstanden habe. Wenn ich in die Geschichte der Kirche blicke, sehe ich keine reine Erfolgsgeschichte, sondern eine Konfliktgeschichte, die in der Spannung der Verschiedenheit und der Gebrochenheit im Alltag gelebt werden will. Und so möchte auch ich mich jeden Tag neu auf den Weg machen und mich in dieser Spannung einwurzeln und sein.
27. September 2020, Sr. Magdalena