Atem Gottes, komm!

Wie das wohl für die Jünger war, damals?

Mehrere Wochen nach Jesu Tod dürfen sie immer wieder erleben, wie Er ihnen begegnet und sie genau da abholt, wo ihr Herz zweifelt und leidet – bei verschlossenen Türen, unterwegs nach Emmaus, am Ufer des Sees nach einem denkwürdigen Fischfang.

Dann kommt der Moment, wo ihnen klar wird: Wir sehen ihn nicht mehr – jetzt sind wir dran! Aber wie? Keine Idee … kein Konzept … kein Masterplan … ganz zu schweigen von einem Plan B.

In dieser Hilflosigkeit tun sie eins: sie bleiben beieinander, holen die Mutter Jesu dazu, seine Brüder und die Frauen, gehen in den Saal, der so viele kostbare Erinnerungen an Jesus birgt, dort, wo er zum letzten Mal mit ihnen gegessen und das Brot gebrochen hatte … und wo er am Auferstehungstag bei verschlossenen Türen zu ihnen gekommen war. Sie bleiben dort, tauschen aus und beten. Sonst nichts.

Was dann passiert übersteigt alles: ein heftiger Sturm bricht über Jerusalem herein, die Menschen strömen zusammen, erschrocken und bestürzt. Die Jünger sehen Feuerflammen – und bleiben in all dem gefasst. Und Petrus, der Hitzkopf, der’s schon mal vermasselt hat, weiß plötzlich mit nie gekannter Sicherheit, was dran ist: Er tritt vor die Tür und spricht zu den herbeigeeilten Menschen über all das, was ihn ergriffen hat. Ein paar Zuhörer spötteln, dass er wohl zu viel Wein erwischt hat - doch viele trifft es ins Herz! Sie sind außer sich vor Staunen.

Ich sehe Parallelen zu heute: Jesus scheint nicht da zu sein. So Vieles läuft so schief. Da ist so viel Unverständliches, so viel Leid, Unrecht, Hass und Ignoranz, im Kleinen wie im Großen. Die meisten „Gläubigen“ glauben nicht mehr, und der „Rest“ fragt sich: Ist das „meine“ Kirche? Will ich da wirklich noch dazugehören?

Mir bleibt nur eins: mit Schwestern und Brüdern drüber reden, was mich verstört, von ihnen hören, was sie „bei der Stange hält“, uns gemeinsam erinnern an all die Momente, wo wir Ihn erfahren durften – und miteinander beten um den Geist Gottes in dieser oft so geistlosen Zeit.

Wenn ich meine Ohnmacht aushalte und mit unverschämtem Vertrauen mit anderen zusammen weitermache und betend nach innen lausche, wenn ich trotz stürmischem Gegenwind rausgehe aus meinen Komfortzonen, anders reagiere als gewohnt und den Mut habe, mich hinterfragen zu lassen, wenn ich aushalte, dass andere mich belächeln - und dennoch dranbleibe, erneut frage und suche und bete, dann ist der Geist Gottes ganz nah.

Ruach, Atem Gottes, Beistand und Tröster, du bist uns versprochen als der, „der uns an alles erinnern wird“, was Jesus wichtig war:  

DU – komm so, dass wir Dich erkennen: sei es im Sturm, der uns mitreißt, sei es im zarten Windhauch, der uns liebkosend und tröstend ganz leise ins Weite führt.

Komm so, dass wir den nächsten Schritt sehen - und wagen!

ATEM GOTTES, KOMM!

Sr. Martina Selmaier

"Wenn es dir gut tut, dann komm!"

(Franz von Assisi)